Rede des General Kennock [?] vor dem Rat der Aufrechten
im Heerlager zur Myra am 07.X.998
nach einer Mitschrift des Jolme von Nettelstedt
Almanach des Falkenberger Freiheitskampfes
Bibl. arc. zu Mina, 991-999
Um Kennocks Worte zu bekräftigen unterhielt ich mich persönlich mit einem Augenzeuge der Ereignisse, als Yasim höchstpersönlich die Tore der Hölle aufstieß.
"Dann tauchte der Schaurige seinen zackenbewehrten Dolch unter den frenetischen Gesängen seiner Getreuen in den Leib seines Opfers und das weiße Leinen des Opferkleides färbte sich blutig rot. Der Furchtbare trank von dem Blut, ließ es über seinen Altar fließen und öffnete, während seine Schergen ihn gegen die anstürmenden Rebellen verteidigten, das Kästchen, jenes der drei, deren einzelne Ãâffnung zum sicheren Untergang führen werde, wie es mahnend in den Stein der Prophezeiung gemeißelt war. Als der Spalt in dem Holze sichtbar wurde und sich der Deckel von dem Boden trennte, schien es, als stünde die Welt für einen Moment stille. Dort wo noch bis gerade Luft gewesen war, waberte nun flüssiges Blei und füllte die Lungen der Anwesenden wie der Schreck ihre Glieder erstarren ließ. Das Holz des Kästchens hatte seine Schenkel geöffnet und jenseits des Altars tat die Welt es ihm gleich und spieh aus dem flirrenden Riß eine Phalanx zutiefst abstoßender Höllengestalten aus. Immer länger reihten sich die Flügel der Diabolischen bis sie den ganzen Ritualplatz umschlossen. Dann erst trat am Scheitelpunkt der grausigen Schar eine mächtige Kreatur hervor, die sich langsam dem immer noch in Extase verharrenden rücklings näherte, ein grollende Wort des Dankes über die Lichtung hallen ließ und den verblendeten Tyrannen mit armlangen Stacheln seiner grausamen Keule durchbohrte. Und schlachtend eilte die unüberwindliche Wand der Dämonen durch das Tal und wehe den Unglücklichen, deren Weg sie kreuzten. Nach nur wenigen Augenblicken liegt die Lichtung verlassen dar und nur das Stöhnen der Sterbenden ist zu hören. Aus dem Tale dringt dichter Qualm in die Höhe. Das Lager ist gefallen."
Mitschrift eines Augenzeugens aus dem Tal des Todes
Von Yaron Schreyber der Abtei zu Dunkelstein
Nun auch zu finden in dem XII. Kapitel Die Dunklen Tage von Falkenberg
in: Almanach der Neuen Zeit, 2. Mittelländische Abschrift,
Bibl. arc. zu Mina, 998
Doch was genau aus diesen Kästchen geworden ist weis niemand. Noch immer sind zwei der Kästchen verschwunden, mir wurde berichtet, das zwei der Reisenden sie sich wohl unter den Mantel gesteckt haben sollen. Und auch das Orakel wird wohl fü ewig ein Rätsel bleiben, auch wenn unser Guter Abraxas wenigstens versucht es uns zu erklären. ich möchte mit seinen Worten und mich von euch verabschieden meine Freunde, Lebt wohl.
"Die moderne Arkanologie muß zur Kenntnis nehmen, daß es jenseits dieser Realität noch weitere Realitäten gibt. Diese sind keine eigenen Gebilde wie die Ebenen, sondern verwandte Realit6auml;ten welche durch Zeit und Raum pendeln und sich meist zyklisch mit der hiesigen Realität verbinden. Die Ergebnisse meiner Forschungen und auch die Inaugenscheinnahme des Orakels im Toten Tal drängen dazu, diese bisherige Hypothese als gesicherte Erkenntnis anzunehmen. Hierin liegt nicht nur der Schlässel zur Zeit, sondern auch das Tor ins sagenhafte Arcadia, jenes Reich der Feen, welches seiner Entdeckung harrt..."
Abraxas, magus
Einleitung des Vortrags über die Phänomenologie des Realen
vor dem hohen Kollegium der Ac. arc. zu Mina
aus: Protokolle und Festschriften, Band LXII, S. 598 ff
Bibl. arc. zu Mina, 998
Hochachtungsvoll Yaron Schreyber der Abtei zu Dunkelstein
Lieber Vertex,
nach meinem letzten Brief wartest Du sicher auf Nachricht von mir. Ich sage Dir, die letzten Tage waren vielleicht anstrengend! Und ereignisreich, möchte ich hinzufügen. Aber ich fange am besten von vorne an.
Ich kam wieder auf Burg Rabenhorst am Tage nach Sonnenwend 1002. Mein Vater, Freiherr Damon von Rabenhorst, mußte, wie Du weißt, unserer Burg den weit überlegenen Truppen Eldalins IV überlassen um das Leben all unserer treuen Vasallen zu schonen. Die Rebellen waren ja vor der ÃÅbermacht Eldalins von dem Land nahe der Frontlinie abgezogen und hatten die Burg ihrem Schicksal überlassen.
Du glaubst gar nicht, was König Eldalin IV seitdem für Umbauten vorgenommen hatte. Der halbe Keller war unzugänglich und auf dem Dach prangten die Zweige eines riesigen untoten Baumes, der seine Wurzeln bis in unsere Gewölbekeller zog. Im Keller selber hatte er unseren alten Kerker wieder herrichten lassen und mit seinen Schergen besetzt, die wahllos alles einsperrten, was nicht schnell genug auf den Bäumen war - untot oder nicht. Glücklicherweise gab und gibt es aus dem Kerker mehr als einen Ausgang. Ulkig, dass offensichtlich so wenige der späteren Gäste davon Gebrauch machten... Ob ihnen das Foltern und Quälen etwa gefiel?
Wenige Tage darauf verstarb Eldalins unfähiger Baumeister auf mysteriöse Weise. Wir hatten uns gerade von dem Schrecken erholt, als die ersten Gäste unseres neuen Königs anreisten. Neunzehn Reisegruppen, kannst Du Dir das vorstellen? Und jede erhob Anspruch auf ein Lehen rund um Rabenanger - nicht alle davon wirklich eines Titels würdig. Wir konnten so viele Gäste kaum unterbringen. Gut, dass viele unserer Bediensteten mit den Rebellen geflohen waren.
Am Abend des 27. zog dann König Eldalin IV selbstgefällig mit Nichten und Königin und auf einer von Rebellen gezogenen Kutsche bei uns ein. Diese niedlich anmutende Nichte (Clarissa von Güldenaug war ihr Name) stellte sich schneller als gedacht als ziemliches Biest heraus. Ihretwegen wurde gar ein Edler an die Front geschickt. Und die Bewachung! Allen voran diese schreckliche Todesritterin Olga Fleischer. Es schauderte einen beim Hinsehen. Nun begann der Ernst des Lebens. Papa übernahm mit Wolf von Weißenstein, unserem Berater, die Verhandlungen. Es war zu erwarten, dass wir bei kluger Taktik zumindest Burg Rabenhorst, vielleicht sogar die neue Baronie Rabenanger würden halten können. Unter welchem König, nun, das war Burg Rabenhorst seit alters her nicht so wichtig. Ebenso bemühten sich die anderen Abgesandten, die teils aus dem Exil, teils aus den neu eroberten Lehen angereist waren, ihren jeweiligen Grundbesitz zu halten oder gar zu erweitern.
Obendrein tauchte eine weitere Majestät auf - die Gnomenkönigin. Der König war wenig amüsiert und schmiß sie hinaus, worauf die Gnome aus ihrer - d.h. eigentlich aus unserer, der Rabenshorst'schen - Edelsteinmine kamen und begannen, den Wachturm zu untertunneln. "Kein Stein bleibt auf dem anderen" drohten sie, und ich muß sagen, mir wurde Angst und bange. Immerhin sind es meine Steine...
Ich will Dich nicht mit Details der Verhandlungen langweilen, zumal ich meist nicht zugegen war. Ich kümmerte mich um den Hof, das heißt die Tanzveranstaltungen des überaus eleganten und liebenswerten Tanzmeisters, die Festbankette vor den politischen Debatten, die ÃÅbertragung der Medien-Nachrichten von FFN (den Freien Falkenberger Nachrichten, für das Eldalin eigens ein Medium Namens Nokia nitbrachte), und damit war ich auch weitgehend ausgelastet.
Zum Glück mußte ich mich nicht auch noch um diese unseligen Veranstaltungen in der Arena kümmern. Wüstes Gesocks, Sklavenhändler, hatten sich in Eldalins Troß unseres alten Reitstalles bemächtigt und boten dort täglich Ihr grausiges Schauspiel feil. Ich sage Dir, abstoßend! Am ersten Abend wurden die armen Rebellen hingerichtet, die die Kutsche hatten ziehen müssen, danach mied ich diesen Ort. Ein wesentlich erfreulicherer Auftritt wurde uns durch eine Schauspieltruppe unter Willhelm Schüttelsteg geboten, die Romeo und Julia aufführte.
Aber ich schweife ab...
Einen Tag vor Jahreswend verkündete der Reichsverweser seinen Vorschlag für die Lehensverteilung. Zu aller ÃÅberraschung (außer der meinen natürlich) hatte Papa äußerst geschickt taktiert, und uns weit mehr als nur die Baronie Rabenanger verschafft. Womit er wohl nicht gerechnet hatte, war die Tatsache, dass der Reichsverweser um meine Hand anhalten würde und damit sowohl seine Anteile als auch die Rabenhorsts für sich einstreichen wollte. Ha! Selbstverständlich sage Papa zu, plante aber wohl kaum, die Ehe wirklich zu schließen. Ebenso muß ich gestehen, dass auch ich mich nach einer Nacht voll Migräne und Hadern wieder intensiv über meine Tiegel und Phiolen beugte... Ich hätte mir schon zu helfen gewußt.
Doch es sollte alles anders kommen. Am nächsten Morgen schickte Gut Splitterfels nach mir und begann eine eitle Plauderei, die in nichts die Ernsthaftigkeit der Einladung rechtfertigte. Man fragte mich nach den Lehrgebieten der Silbermondgilde und Details zu Erzkanzler Ambrosius Graufuchs. Zufriedengestellt offenbarte man mir, man glaubt es kaum, die Herrschaften seien mitnichten Ritter und Baronin zu Splitterfels, sondern von Kennocks Rebellen angeheuerte Spitzel, Mitglieder eines großen Ordens in den Mittellanden, und man plane, Eldalins Artefakt zu zerstören und die Burg zu befreien.
Hättest Du gedacht, dass die Zugehörigkeit zur Gilde und die Bekanntschaft zu unserer Brumsel einem einen guten Leumund verschaffen könnte? Ich nicht.
Jedenfalls erfuhr ich, dass Eldalin durch diesen untoten Baum, der sich durch den Turm zog, seine Truppen steuerte und dass er jeden Tag neue Befehle mittels eines Artefaktes gab. Dies galt es zu entwenden. Ebenfalls erzählte man mir, dass in dem alten Kapellchen hinter der Bibliothek, dass wir für leer gehalten hatten, ein alter Kendarock-Priester hauste und sich vor den dunklen Mächten versteckte. Ich verschaffte durch etwas alchemistisches Feuerwerk den Rebellen Zeit, um die Biblothek und den Priester in Augenschein zu nehmen. Gleichzeitig haben wohl andere Rebellen einen Zeitreisenden befragt, der irgendwie mit einer Zeitmaschine in dem von Wurzeln durchzogenen Keller zusammenhing.
Die Zusammenhänge sind mir unklar, doch konnten einige Rebellen wohl mittels der Zeitmaschine das Baum-Gebilde verlangsamen, wodurch sich plötzlich während des Tanzes alle Untoten sowie König und Königin verlangsamten. Sodann versuchten sie, mittels einiger Exeneier und dem Artefakt Eldalins (ein riesiger Kristall, von dem mein Lehrmeister und Alchemist Maktub ein Pendant angefertigt hatte) den Untoten-Beschleuniger zu zerstören. Gleichzeitig floh alles, was Beine hatte, aus der Burg und sammelte sich unter dem Andreastor. Mich schleppten meine beiden Handelsgehilfen Ulf und Ria mit, die sich ebenfalls als Rebellen herausstellten. Du glaubst nicht, was ich unter dem Torbogen sah! Dort hatten sich fast alle unserer Gäste versammelt, vor Waffen starrend. Sie alle waren von den Rebellen engagiert! Kaum eine Delegationen war echt gewesen! Das erklärt auch die verbreiteten schlechten Manieren, den Mangel an Tanzfertigkeit (was vor allem Eldalins tuckigen Tanzmeister verärgerte) und so manche Ungereimtheit, die mir bei den angeblichen Falkenbergern auffiel. Und dann kam zu aller ÃÅberraschung eine Gruppe vermummter Gnomen, von denen man nur die Nasen herausgucken sah, und verkündete, sie seien gekommen, "um die Letzte Allianz zu erneuern, bevor sie sich in die grauen Stollen der Vorväter zurückziehen werde..." Sie waren waffenstarrend und mit Sprengstoff behängt.
Kurz darauf stießen Truppen der Rebellen zu uns. Die Schlacht zwischen den Eldalin'schen und den Kennock'schen brandete hin und her. Dann öffnete König Eldalin ein Dimensionstor, griff sich die Wetterhexe Heidrut und ließ=20 zu aller ÃÅberraschung seine Gemahlin Isabella Nephilia von Lebenshohn zurück. Diese gruppierte ihre letzten Untoten um sich und warf sie in die Schlacht. Ich jedoch konnte die Gnome mit dem Versprechen auf lebenslanges Aufzugsrecht in unserer Mine zu einem letzten Vorstoß anstacheln und gleichzeitig vernichteten die Rebellen in der Burg das Artefakt.
Meine treue Wache und neuer Hauptmann von Rabenhorst empfand dies als den richtigen Zeitpunkt, "Für Kennock!!!" zu brüllen und sein Schwert zu schwingen, der kluge Mann. Kurz darauf wurden die Untoten samt Königin vernichtend geschlagen und mein Dank (und der Papa's, der die Schlacht in seiner Kemenate abwartete) war den Siegern gewiß.
So verdanke ich, so seltsam es klingt, der Zugehörigkeit zur Silbermondgilde mein Leben und den Gnomen mein Erbe - dass ich hoffentlich erst spät antreten muß.
Ich begebe mich, sobald wir hier aufgeräumt haben und die Gnome die Mine wieder in Betrieb haben, zurück nach Kranichgfeld und zur Gilde. Von Abenteuern, das kann ich Dir sagen, habe ich vorerst genug. Ebenso vom Lächeln und Winken. Ich habe noch meine Verlobung mit dem Reichsverweser offiziell zu lösen, denn der alte Zausel hat leider wohl überlebt, doch dann soll wieder Frieden einkehren auf Burg Rabenhorst. Lang lebe König Kennock!
Deine Ariella Beatrice dank der Rebellion immer noch Freifräulein von Rabenhorst
PS: Ich habe bei den Aufräumarbeiten im Garten ein kleines Büchlein gefunden, in dem interessante Gedichte standen. Ich habe es Carmen gegeben, die sich sehr darüber gefreut hat. Im nachhinein frage ich mich, ob es vielleicht das Magiebuch der explodierten Nekromanten-Königin war. Meinst Du, es war falsch, es Carmen zu geben?
Vielen Dank an dieser Stelle an Jana Böhm für ihren Conbericht.